Stiftung verleiht Forschungspreis 2023 an münstersche Forschende


Videoaufzeichnung der feierlichen Verleihung

Dr. Andrea Oeckinghaus und Prof. Dr. Daniel Kümmel für ihre Arbeit zu molekularen Mechanismen der TSC-Komplex Regulation bei Tuberöser Sklerose ausgezeichnet

Die Deutsche Tuberöse-Sklerose-Stiftung hat bereits zum fünften Mal ihren mit 10.000 Euro dotierten Forschungspreis verliehen. Die diesjährige Auszeichnung erhalten die Biochemiker Dr. Andrea Oeckinghaus (Institut für Molekulare Tumorbiologie) und Prof. Dr. Daniel Kümmel (Institut für Biochemie). Die beiden Forschenden der Universität Münster untersuchen die Funktion und Regulation des Tuberöse-Sklerose-Proteinkomplexes (TSC), dessen Störung die seltene Erkrankung verursacht.


Bei der Tuberösen Sklerose (TS) sind aufgrund genetischer Defekte diejenigen Proteine, die den sogenannten TSC-Komplex bilden, in ihrer Funktion gestört. Als Folge ist ein bestimmter zellulärer Signalweg, der mTORC1-(mammalian target of rapamycin complex 1)-Signalweg, überaktiviert. Da dieser Signalweg eine wichtige Rolle in der Gehirnentwicklung spielt, haben Betroffene bereits ab dem Säuglingsalter ein hohes Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen, Autismus und schwere Epilepsien. Darüber hinaus kommt es häufig zur Entwicklung zwar prinzipiell gutartiger Tumore – vor allem im Gehirn, im Herz oder in den Nieren –, die aber durch ihre Größe oder ihre Lage für den Patienten dennoch gefährlich werden können. Seit einigen Jahren werden daher zur Behandlung der Tuberösen Sklerose bestimmte Medikamente eingesetzt, die den überaktivierten mTORC1-Signalweg hemmen und so zu teilweiser Linderung der TS-Symptome und zur Rückbildung bestimmter Tumore führen können. „Es gibt allerdings noch keine Behandlungsmöglichkeiten, die direkt der Störung des TSC-Komplexes entgegenwirken können“, sagt Dr. Andrea Oeckinghaus. „Durch unsere Untersuchungen zur Funktion des TSC-Komplexes wollen wir hier neue Ansatzmöglichkeiten aufdecken.“

 

In ihren nun ausgezeichneten Arbeiten haben die beiden Forschenden dazu erste wichtige Erkenntnisse gewonnen. Durch die Betrachtung des TSC-Komplexes als molekulare Maschine, der ein vielschichtiger Bauplan mit zahlreichen Bausteinen zugrunde liegt, haben sie neue Einblicke in dessen Funktionsweise erhalten. Dadurch konnten sowohl der Einfluss von in Patienten auftretenden TSC-Mutationen auf die Aktivität des Proteinkomplexes besser verstanden als auch neue Regulationsmechanismen identifiziert werden. „Die Störung der Funktion oder Regulation des TSC-Komplexes führt zur Entstehung der Krankheit – in der Theorie könnte es je nach defektem ‚Bauteil‘ dann verschiedene Therapieansätze geben, die unterschiedlich gut geeignet sein könnten und entsprechend individuell zugeschnitten werden müssten“, ergänzt Prof. Dr. Daniel Kümmel. Durch weitere Untersuchungen zur Funktionsweise des TSC-Komplexes und Charakterisierung der durch Patientenmutationen verursachten Veränderungen wollen die Forschenden dazu noch mehr neue molekulare Details aufdecken. „Wir freuen uns sehr, dass die Grundlagenforschung durch unsere Mitarbeitenden und uns mit dieser Auszeichnung solch große Anerkennung erfährt. Wir hoffen mit unseren Arbeiten einen Beitrag zu leisten, damit in Zukunft neue Ansätze für die Behandlung von Patienten entwickelt werden können“, so die Preisträger.

 

Die Preisträger wurden von einer Expertenjury unter dem Vorsitz des ehemaligen langjährigen Vorstandsvorsitzenden der Charité Berlin, Prof. Dr. Karl Max Einhäupl, ausgewählt. Die Verleihung des begehrten Preises übernahmen neben Prof. Dr. Einhäupl die Stifter der Deutschen Tuberöse-Sklerose-Stiftung, Anke Koch und ihr Mann Roland Koch, ehemaliger hessischer Ministerpräsident. Die Ehrung fand in den Räumlichkeiten der Frankfurter Gesellschaft für Handel, Industrie und Wirtschaft in der Villa Bonn statt.

 

Anke und Roland Koch gründeten die Stiftung vor zehn Jahren mit dem Ziel, ihr gemeinsames Engagement im Kampf gegen die Tuberöse Sklerose zu verstärken. Das Stifterpaar möchte durch die Vergabe des Forschungspreises einen Beitrag zur weiteren Erforschung der Krankheit und insbesondere ihren Behandlungsmöglichkeiten leisten: „Tuberöse Sklerose und die Entstehung, Ursachen und Folgen der Erkrankungen sind nach wie vor weiten Teilen der Öffentlichkeit kaum bekannt. Es ist uns daher ein großes Anliegen, ein gesellschaftliches Bewusstsein für die Lebensumstände von an Tuberöser Sklerose erkrankten Menschen zu schaffen und über die bisherigen Erkenntnisse der Erkrankung zu informieren. Denn in den vergangenen Jahren passiert in der Wissenschaft und Forschung enorm viel. Mit dem Forschungspreis sollen Forschende wie Dr. Andrea Oeckinghaus und Prof. Dr. Daniel Kümmel unterstützt und gefördert werden, um neue Erkenntnisse zu den Ursachen und Therapie- bzw. Behandlungsmöglichkeiten zu gewinnen. Mit ihrer Arbeit und ihrem Engagement leisten sie an dieser Stelle einen wichtigen Beitrag, um die Lebensumstände der Betroffenen weiter zu verbessern“, so das Ehepaar Koch.