Die Auszeichnung im Jahr 2023 erhieltem die Biochemiker Dr. Andrea Oeckinghaus (Institut für Molekulare Tumorbiologie) und Prof. Dr. Daniel Kümmel (Institut für Biochemie). Die beiden Forschenden der Universität Münster untersuchen die Funktion und Regulation des Tuberöse-Sklerose-Proteinkomplexes (TSC), dessen Störung die seltene Erkrankung verursacht. Durch die Betrachtung des TSC-Komplexes als molekulare Maschine, der ein vielschichtiger Bauplan mit zahlreichen Bausteinen zugrunde liegt, haben die beiden Wissenschaftler neue Einblicke in dessen Funktionsweise erhalten. Dadurch konnten sowohl der Einfluss von in Patienten auftretenden TSC-Mutationen auf die Aktivität des Proteinkomplexes besser verstanden als auch neue Regulationsmechanismen identifiziert werden. „Die Störung der Funktion oder Regulation des TSC-Komplexes führt zur Entstehung der Krankheit – in der Theorie könnte es je nach defektem ‚Bauteil‘ dann verschiedene Therapieansätze geben, die unterschiedlich gut geeignet sein könnten und entsprechend individuell zugeschnitten werden müssten. Durch weitere Untersuchungen zur Funktionsweise des TSC-Komplexes und Charakterisierung der durch Patientenmutationen verursachten Veränderungen wollen die Preisträger dazu noch mehr neue molekulare Details aufdecken und hoffen damit einen Beitrag zu leisten, damit in Zukunft neue Ansätze für die Behandlung von Patienten entwickelt werden können.
Im Jahr 2021 erhielten Dr. Steffen Syrbe und Dr. Afshin Saffari den mit 10.000 Euro dotierten TS-Forschungspreis. Die beiden Ärzte vom Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsklinik Heidelberg erforschen Verträglichkeit und Nutzen von mTor-Inhibitoren bei Kindern mit Tuberöse Sklerose Complex, insbesondere hinsichtlich der in Verbindung mit der Krankheit häufig auftretenden Epilepsien und Entwicklungsstörungen. In ihrer ausgezeichneten Arbeit werteten sie dazu die Daten aller Kinder unter zwei Jahren aus, die in den letzten Jahren in Deutschland aufgrund von Einzelfallentscheidungen bereits mit diesen Medikamenten behandelt wurden. Die Ergebnisse liefern die Grundlage für weitere Studien zum Nutzen einer früh einsetzenden Therapie und lassen auf eine langfristige Verbesserung der Entwicklungschancen der Betroffenen hoffen. Eine entsprechende bundesweite und durch das Bundesminiterium für Bildung und Forschung geförderte Folgesstudie unter Heidelberger Federführung mit Unterstützung einer Reihe von TSC-Zentren ist im Sommer 2022 angelaufen. In der Studie werden 30 Säuglinge mit dem mTOR-Inhibitor Sirolimus präventiv und präsymptomatisch behandelt und mit 30 unbehandelten Säuglingen verglichen. Bis auf die Sirolimustherapie werden beide Gruppen nach den aktuellen TSC-Empfehlungen ansonsten gleich therapiert.
Im Jahr 2019 konnte sich die Wissenschaftlerin Dr. Mirja Tamara Prentzell über die Auszeichnung freuen. Die promovierte Protein-Biochemikerin ist am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg als Wissenschaftliche Mitarbeiterin und Postdoc in der DKFZ-Juniorgruppe Hirntumor-Metabolismus tätig. Dr. Mirja Tamara Prentzells Forschungsschwerpunkt richtet sich auf das molekulare Signalnetzwerk um den Tuberöse Sklerose Proteinkomplex (TSC) und das Protein mTOR.
Mit G3BP1 konnte sie gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen in namhaften TSC-Laboren in Deutschland, Österreich, Belgien, England, den Niederlanden und Polen ein neues Protein identifizieren, welches im Rahmen der TSC-Erkrankung von grundlegender Bedeutung ist. Ihren Untersuchungen zufolge führt ein vermindertes Vorliegen dieses Protein ebenso wie bei TSC1 oder TSC2 zu einer gesteigerten mTOR-Aktivität, welche die TSC-typischen Tumoren und Epilepsie hervorrufen kann. Eine Verminderung von G3BP1 könnte damit auch erklären, warum manche Menschen, bei denen keine Mutation im TSC1- oder TSC2-Gen nachgewiesen werden kann, trotzdem Symptome einer TSC-Erkrankung zeigen.
Im Jahr 2017 erhielt die Wissenschaftlerin Prof. Dr. Kathrin Thedieck den mit 10.00 Euro dotierten Forschungspreis. Neben der Leitung des Instituts für Biochemie an der Universität Innsbruck, die sie inne hat, ist sie auch an den Universitäten Oldenburg und Groningen (www.metabolic-signaling.eu) tätig. Im Rahmen ihrer Forschung untersucht sie die TSC-Erkrankung mit besonderem Fokus auf neue Signal- und Stoffwechselwege. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg war die Entdeckung der Beteiligung des TGF-β Signalweges an zellulären Veränderungen nach Verlust der TSC1 und TSC2-Gene, welche die Erkrankung auslösen. Ihre These: auch Stoffwechselveränderungen könnten Einfluss auf das Tumorwachstum und möglicherweise sogar weitere Symptome bei TSC-Patienten haben und damit einen neuen Ansatzpunkt für Therapien, z.B. durch Veränderung in der Ernährung oder den Stoffwechsel beeinflussende Medikamente bieten. In einer internationalen Studie, unter Beteiligung der Universitäten Innsbruck, Oldenburg und Groningen (Niederlande), dem Epilepsiezentrum Kork, der Medizinischen Hochschule Hannover, dem Deutschen Krebsforschungszentrum und dem CHU de Liège (Belgien) sollen dazu nun Moleküle des Glukose-, Fett- und Aminosäurestoffwechsels bei Epilepsie-betroffenen Kindern mit und ohne TSC analysiert werden.
Die erste Preisverleihung erfolgte im Jahr 2015 an Dr. Dr. scient. med. Theresa Scholl für ihre Grundlagenforschung über Ursachen von epileptischen Anfällen bei TSC-Patienten . Die Biomedizinerin und Biotechnologin ist seit 2013 an der Klinik für Pädiatrie und Jugendmedizin der Medizinischen Universität Wien in der Abteilung für Neonatalogie, Intensivmedizin und Neuropädiatrie tätig. Im Rahmen ihres gewebsbasierten Dissertationsprojektes, das unter dem Titel „Charakterisierung der weißen Substanz – Pathologie von kortikalen Tubera und Malformationen der kortikalen Entwicklung” durchgeführt wurde, untersuchte die Österreicherin Veränderungen in der weißen Substanz des Gehirns. Mithilfe von Gewebe, das bei epilepsiechirurgischen Eingriffen entnommen wurde, entwickelte sie dazu ein Testsystem, das verwendet wurde, um die Funktion der weißen Substanz genauer zu studieren und herauszufinden, warum hier Defizite bei TSC-betroffenen Menschen bestehen und bei anderen Epilepsie-Patienten nicht. In Ihrem Folgeprojekt beschäftigt sie sich nun mit der Frage, ob eine Regeneration der weißen Substanz möglich ist. Ließen sich entsprechende Möglichkeiten nachweisen, wäre dies ggf. Grundlage für neue und zusätzliche Therapieansätze zur Behandlung von ansonsten therapieresistenten Epilepsien in Verbindung mit TSC.